Am 18. September 2016 ist Wahl zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen. (Wenn alles klappt.) Neben den vier großen Parteien wird auch die Piratenpartei wieder antreten. Nach aktuellen Umfragen würden die vier Großen nächstes Mal unter sich bleiben, eventuell ergänzt durch die AfD. In der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus wird zwar immer noch fleißig gearbeitet, die Pläne zur Abwicklung (die sogenannte Liquidation) liegen jedoch schon fertig in der Schublade. Die Stimmung ist also eher mäßig. Umfragewerte von 3% nach früheren bis zu 15% verheißen nichts gutes, die Bundespartei ist irrelevant und auch sonst war man schon mal besser aufgestellt. Manches wurde nicht konsequent verfolgt. Insgesamt scheint einiges dafür zu versprechen, dass das Überspringen der 5%-Hürde ebenso unwahrscheinlich ist, wie dass dann die gute Arbeit der Fraktion fortgesetzt würde. Was also tun? Sich auf neue Projekte konzentrieren? Andere Parteien unterstützen? Das muss letztlich jede(r) für sich selbst entscheiden. Ich würde aber ein paar Thesen formulieren:
Die Piratenfraktion hat dem AGH und Berlin gut getan!
Leider zahlt man immer noch für Bustickets und Internet gibt es immer noch nicht überall in der Stadt. Aber an vielen Stellen konnte die Fraktion der Stadt ihren Stempel aufdrücken. Seien es die Pilotstudie zum fahrscheinlosen ÖPNV, die Diskussion um neue Beteiligungsverfahren oder bessere Kontrollen sozialer Einrichtungen. Seien es die zahlreichen schriftlichen und IFG-Anfragen und das Einsichtnehmen und Auswerten von Unterlagen und Akten. Oder sei es die unbelastete Arbeit in Untersuchungsausschüssen.Denn: Keine*r von uns musste Rücksicht nehmen auf problematische Verwicklungen der Partei oder ihrer Vertreter*innen in Skandale in der Vergangenheit, die nicht aufgedeckt werden sollen, oder auf zukünftige Regierungsoptionen. Sei es unsere Präsenz bei Kundgebungen und Polizeieinsätzen. In vielen Bereichen haben wir die Verwaltung, die Regierung und die Koalition konsequent genervt, der Polizei auf die Pfoten geschaut, Missstände angeprangert und Verbesserungen angeregt. Um Veränderung zu erreichen muss man nicht immer Anträge durchbekommen. Außerdem haben wir aktiv Aufklärung betrieben. Ja sicher, da wäre mehr drin gewesen. Aber alleine durch den Wahlerfolg wissen nun dank uns mehr Menschen in Deutschland als jemals zuvor, was ein Landtag ist und dass der in Berlin Abgeordnetenhaus heißt. Und seitdem haben wir aktiv Menschen da draußen den parlamentarischen Alltag nahe gebracht und verständlich gemacht.
Und sie würde wieder gut tun!
Ja, eine weitere Piratenfraktion würde vermutlich gute Leute und bekannte Gesichter verlieren. Sie würde kleiner. Aber eine weitere Piratenfraktion würde auf jeden Fall bedeuten, dass unsere Themen 5 weitere Jahre auf Landes- und Bezirksebene diskutiert werden. Ein Sequel würde bedeuten, dass bestimmte Themen nicht einfach in der Versenkung verschwinden oder in Absprache einiger weniger Akteure undiskutiert bleiben. Eine zusätzliche Fraktion im Abgeordnetenhaus bedeutet eine zusätzliche Chance, für Themen wahrgenommen zu werden und für Menschen Gehör zu finden. Auf jeden Fall aber würde sogar eine kleinere, ruhigere und weniger einflussreiche 2. Piratenfraktion immer noch mehr Veränderung erreichen, als wenn einfach nur die grossen vier ein paar mehr Sitze bekommen. Bezüglich eines möglichen Einzugs der AfD bedeutet eine Piratenfraktion, dass den Schnullernazis eine für Menschenrechte eintretende, antifaschistische Fraktion gegenüber sitzt, die ihr Paroli bietet und ihre plumpen Ressentiments entlarvt. Aktuellen Umfragen nach könnte der Einzug der AfD möglicherweise sogar noch knapp verhindert werden, wenn entscheidende Stimmen von anderen gebunden werden. Den anderen Parteien traue ich dies nicht zu. Diese Funktion müssten also – wenn überhaupt – die Piraten übernehmen.
Daher gilt: Die Landesliste sollte so bunt und kompetent wie möglich sein!
Ihr seid mit den Menschen unzufrieden, die sich momentan um ein Mandat bei den Piraten bewerben? Dann ändert es! Kommt am Samstag und nehmt Einfluss auf die Zusammensetzung der Landesliste! Oder kandidiert selbst. Alle Argumente, die ich gegen eine Kandidatur höre, habe ich auch 2010/2011 schon gehört. Ihr befürchtet, mit den falschen Leuten zusammen gewählt zu werden? Das wird erst nach der Aufstellung klar. Ihr könnt euch immer noch zurückziehen oder eure Mandatszeit befristen. Ihr findet die Partei nicht gut aufgestellt oder die falschen Leute im Vorstand? Das ist nur wenig erheblich für die Arbeit der Fraktion. Die Fraktion ist unabhängig. Und das gilt auch für die Abgeordneten. Die wunderbare Verfassung von Berlin regelt in Artikel 38 (4) „Sie sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ Die Arbeit für die Berliner Bevölkerung steht also im Vordergrund. Außerdem ist für eine Kandidatur eine Parteimitgliedschaft nicht notwendig. Einige Abgeordnete der Piratenfraktion haben auch ohne Parteibuch weiter großartige Arbeit geleistet. Gleiches und ähnliches und gilt natürlich auch für die zahlreichen BVV-Verordneten, die bald 5 Jahre unermüdlich vor sich hin gewerkelt haben. Übrigens: Der Job ist durch die Parlamentsreform von 2014 mit eigenen Büros und Mitarbeitenden mittlerweile deutlich attraktiver, als er es 2011 war und wird gleichzeitig weniger Druck und Scheinwerferlicht haben. Gleichzeitig ist mir aber auch wichtig, dass es eine bunte Liste geben wird. Ich will nicht wieder eine 14:1-Dudeliste sehen und ich hoffe, dass sich das nicht wiederholen wird. Ich hoffe also, dass Scheinargumente, gedrückte Stimmung oder allgemeine Frustration nicht dazu führen werden, dass am Wochenende niemand oder nur unerfahrene Menschen auf die Zusammensetzung der Landesliste der Piratenpartei Einfluss nehmen wird. Ich glaube, dass das kein Widerspruch dazu sein muss, dass sich die persönlichen Prioritäten schon verschoben haben, man sich auf andere Projekte konzentriert und freue mich darauf, euch am Wochenende auf der LMVB zu sehen!
Noch eine Anmerkung: Und da es meine Argumentation ansonsten deutlich schwächen würde, kandidiere ich auch selbst für die Landesliste zur Abgeordnetenhauswahl 2016.
Ansonsten, auch als APO kann die Piratenpartei wertvoll sein, mit der Staatlichen Wahlkampfkostenerstattung kann man ja auch Freifunk, Tor Server und Wlans für Flüchtlinge aufbauen und somit aktiv sein ohne im Parlament vertreten zu sein. Also, auch wenn 5% unmöglich sind aufgeben muss man deshalb denke ich noch nicht.
//“Schnullernazis“ Hahaha, den Begriff werd ich jetzt immer verwenden wenn ich mit AfDlern auf Facebook diskutiere, nix macht mehr spass als diese Klientel zu provozieren bis sie ausrasten.