In der Nacht zum Mittwoch gab es einen Brandanschlag auf die Notunterkunft für Flüchtlinge in Berlin-Köpenick. Dies ist leider nicht der erste Anschlag dieser Art. Tatsächlich häufen sich die Übergriffe sogar. Bereits im März thematisierte Oliver Höfinghoff anlässlich eines Angriffs auf die Unterkunft in Hellersdorf den Anstieg von Gewalttaten auf Flüchtinge. Auch vorher lassen sich zahlreiche Beispiele finden und nennen. Dabei kommen die Übergriffe keineswegs überraschend: Seit Monaten machen sogenannte Bürgerinitiativen und rechte Parteien Stimmung gegen Flüchtlingsunterkünfte und deren Bewohner*innen. Flüchtlingsinitiativen und Organisationen gegen rechte Gewalt haben mehrfach auf die extrem gefährliche Lage in Berlin aufmerksam gemacht. Die Zahl der rechten Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte steigt dramatisch an, sowie die rechte Gewalt im Allgemeinen. Die Übergänge zwischen den Kandidaten von rechten Parteien und den Ausführern von rassistischen Angriffen sind fließend.
Gleichzeitig verharmlost der Senat seit langem die Situation. Die heutige Reaktion von Frank Henkel ist bezeichnend. Zwar sagt er den so richtigen wie wichtigen Satz: „Anschläge auf die Unterkünfte von Menschen, die bei uns Schutz suchen, sind Anschläge auf uns alle.“ Dafür danke ich ihm. Aber darauf folgt keinerlei Konzept oder Ankündigung, was er nun zu tun gedenkt. Es ist quasi eine Bürgermeister-Ich throne über den Dingen-PM. Nur ist Henkel (noch) nicht Regierender, sondern als Innensenator für die Sicherheit der Unterkünfte zuständig. Das scheint ihm seine Pressestelle verschwiegen zu haben.
Und er hat es nach wie vor nicht zu Rande gebracht, endlich ein schlüssiges Sicherheitskonzept vorzulegen, wie Flüchtlinge in Berlin effektiv gegen rechte Gewalt geschützt werden können. In vielen Unterkünften gibt es noch kein entsprechendes individuelles Sicherheitskonzept. Häufig gibt es einen Sicherheitsdienst mit nur wenig Personal, welches nicht einheitlich geregelt ist. Wachleute vor Unterkünften, mit denen ich sprach, beschwerten sich bei mir über die schlechte Ausstattung und die geringen Kapazitäten. Häufig seien sie alleine vor der Unterkunft. Was sagt Henkel dazu? Als das Thema im Januar im Ausschuss für Verfassungsschutz Thema war, erklärte er zum Entsetzen der Zuhörenden, er beobachte ein Abklingen der Gewalttaten und sehe keinen weiteren Handlungsbedarf. Da danke.
Sicherheitstechnisch wäre es das beste, die Heime aufzulösen und Flüchtlinge wie andere BerlinerInnen auch in ganz normalen Wohnungen wohnen zu lassen. Der aktuelle Vorfall zeigt auch die Gefahr für Flüchtlinge durch die Unterbringung in Massenunterkünften. Die Zahl der in Wohnungen untergebrachten Flüchtlingen sinkt seit Jahren. Hier versagen Zuständig sind dafür Sozialsenator Czaja und Bausenator Müller. Der Senat zeigt keine Bereitschaft, dies zu ändern. Wir fordern vom Senat schon seit langem mehr Engagement im Bereitstellen von Wohnungen für Flüchtlinge. Zu den Problemen der Unterkünfte in Berlin haben wir ein Fact Sheet erstellt.
Der Boden des Fasses wird jedoch durchschlagen, wenn Henkel nicht nur untätig bleibt, sondern gleichzeitig noch den Einsatz von Videoüberwachung lobt. Wie ich neulich bereits der Taz sagte, ist das nicht nur weitgehend unwirksam gegen Gewalt – mein Kollege Christopher Lauer nennt dies ja gerne Sicherheitsesoterik, was ich recht passend finde – sondern auch ein massiver Verstoß gegen den Datenschutz, der momentan unter Beobachtung ist. Dass dies nun als Methode für mehr Sicherheit impliziert wird, angesichts der oben beschriebenen Situation, ist grotesk.