CDU Neukölln macht den Handlanger für die NPD

Für die morgige Sitzung der BVV Neukölln hat die SPD/CDU-Zähl­ge­mein­schaft die Druck­sache 0864/XIX „Thanks Bomber­Harris“ einge­bracht. Was das Problem daran ist und wie sie den Rechten durch den Fokus auf die Bomben­toten in die Hände spielt, indem sie deren Opfer­mythos-Narrativ bedient hatte ich schon in diesem Blogpost geschrieben.

Die Berliner Piraten haben schon am Sonntag dazu aufge­rufen, Anne Helm zu unter­stützen und zur BVV-Sitzung zu kommen und jetzt nochmal. Das ist nun noch mehr angebracht. Denn die NPD nimmt die Druck­sache nun dankbar zum Anlass um ein öffent­liches Gedenken vor der BVV zu veran­stalten. Von 16.30-17.30 hat sie eine Kundgebung unter dem Motto „Verbrechen gegen die Mensch­lichkeit – Den Toten eine Stimme geben – Schluss mit der Verhöhnung deutscher Opfer“ angemeldet. Die Polizei erwartet nach aktuellem Stand 20 Teilnehmer.

Es ist nicht das erste Mal, dass die CDU Neukölln mit der NPD in Verbindung gebracht wird. Moneyquote:

Im Raum entdeckten die Grünen das NPD-Landes­vor­stands­mit­glied Sebastian Thom und eine einstellige Zahl von Anhängern. Francisca Fackeldey von den Grünen sagt, sie habe den CDU-Abgeord­neten Hans-Christian Hausmann gebeten, von seinem Hausrecht Gebrauch zu machen. „Die Antwort war, er verstehe mein Problem nicht. Die NPD sei eine zugelassene Partei.“

Update: Meine Einschätzung wird anscheinend auch von Teilen der SPD geteilt. Der Vorsit­zende der Jusos Neukölln Fabian Fischer hält die Dresdner Aktion „weder für sinnvoll noch für angebracht“, kriti­siert aber, „die Zähl­ge­mein­schaft aus SPD und CDU verwendet hier den völlig ungeeig­neten Begriff des “po­li­ti­schen Extre­mis­mus”, um eine gewalt­freie Aktion von zweifel­haftem Inhalt zu charak­te­ri­sieren. Damit vergleicht sie diese Aktion mit Taten demokra­tie­feind­licher Gruppen wie der rassis­ti­schen und antise­mi­ti­schen Hetze von Nazis, die Jahr für Jahr in Dresden ihren Hass auf die Straße tragen wollen.“

Elisabeth Dienel und Moritz Eyer vom AK Antifa der Jusos Berlin erklären, es sei „völlig unver­ant­wortlich von SPD und CDU, sich mit ihrem Entsch­ließungs­antrag zu Stich­wort­gebern für NPD und co zu machen, die dieses Ereignis prompt als Anlass für eine Kundgebung vor dem Rathaus nutzen will.“

2. Update: Die Piraten Hessen rufen auch zur Gegendemo auf.

3 Kommentare zu “CDU Neukölln macht den Handlanger für die NPD

  1. Die Aktion von Anne Helm ist schlicht Volksverhetzung, also eine Straftat,
    für eine Angeordnete untragbar
    wie heißt das so schön: ich übernehme die Verantwortung und trete zurück (von den Ämtern)
    Ende Gelände

  2. tl;dr
    Du hast an der Aussage von Fridolin elegant vorbeigeantwortet, Fabio. Annes Aktion war voll daneben, aber dass weiß sie selbst und hat sich entschuldigt. Politisch wirkt es nach. Niemand musste oder muss Anne wählen. Die Piratenpartei muss aber aufpassen, dass sie ihre Strukturen für solche „Gates“ wasserfest macht, und mit ihnen angemessen umgeht, sonst säuft sie weiter ab.

    Die Antwort ist typisch Politiker, nicht unkorrekt, aber an der Intention von Fridolins vorgelegten Fragestellung etwas vorbei. Sie zeigt aber etwas anderes: das war keinesfalls eine spontane Aktion, sondern man hat vorher ganz genau juristisch abgecheckt, ob man bei maximal erwünschter Provokation, um den politischen Gegner, als die politisch rechts Stehenden, möglichst zu Überreaktionen zu bringen, und ihn dann dafür öffentlich zu kritisieren, nicht an die strafrechtlich relevante Linie heranzugeraten. Anne hat also genau so einen Spruch bewußt ausgewählt, und dabei vor lauter Elan völlig vom Radarschirm verloren, wie sich Betroffene und deren Angehörige, also die Opfer, und das waren im Dresden des Jahres 1945 vor allem sehr viele Flüchtlinge, bei solch einer Provokation fühlen müssen.

    Das war politisch ein komplettes Eigentor. Anne, die sich eigentlich politisch für Flüchtlinge einsetzen will, hat Angehörige von Flüchtlingen, die im Bombenhagel umkamen, aufs Schärfste gedemütigt und brüskiert. Und diese Angehörigen (Nachfahren) von Flüchtlingen müssen nun zusätzlich mit ansehen, wie Rechtspopulisten ihr braunes Süppchen mit dieser Provokation kochen. Anne hat jetzt ein ganz klassisches selbst kreiertes Glaubwürdigkeitsproblem. Sie wird daraus lernen, nicht sehr schnell, momentan hat sie andere Sorgen, aber mit der Zeit, da bin ich sicher. Sie ist noch jung. Wäre sie 70, wäre es natürlich zu spät. Aber mit 27 geht da noch was.

    Das Strategische der ganzen Aktion, und das unglückliche Lügengebäude im Nachgang (angeblich war sie es nicht, dann war sie es doch, die Aktion aber angeblich spontan usw.), das ist das, was die Öffentlichkeit zusätzlich zum eigentlichen Vorgang in der Breite erzürnt, weit über die Dresdner Stadtbevölkerung und die damaligen Flüchtlinge hinaus.

    Damit ihr es richtig einordnen könnt, ich bin selber Nachfahre von Flüchtlingen, und habe das Schicksal der Ausgebombten und auf der Flucht Bombardierten aus zahlreichen Erzählungen der Eltern und Großeltern noch im Gedächtnis. Flüchtlingselend ist etwas ganz, ganz Furchtbares, und da reden wir nicht von Flüchtlingen auf dem Oranienplatz, die Lebensmittel, Wasser und Unterstützer um sich haben, sondern vom Menschen, die in die Wälder rund um ihre Barackenlager rausgingen, um Brennholz, Wurzeln, Beeren, Pilze, oder irgendetwas Essbares zusammenzusuchen, die von Bauern mit Hunden und Knüppeln von den Feldern gejagt wurden, weil sie dort Kartoffeln versuchten zu klauen, um nicht zu verhungern. Und das in fremdem Land. Frauen (auch meine Mutter, ja) wurden vergewaltigt und dadurch schwerst traumatisiert, Männer erschossen, oder getötet oder verkrüppelt durch Bomben. Und es gab Menschen, die sich versucht haben, mit Giftpilzen zu vergiften, um dem Lagerelend zu entkommen. Eine Anne Helm könnte sich mal solche Geschichten anhören, und Aktionen zukünftig in dieser Richtung zu überdenken.

    Nach Annes Logik müßten Bomber unverzüglich Pjönjang oder Amman oder auch Aleppo in Schutt und Asche zu legen, an diesen Orten herrschen finstere Diktatoren. Hier hat sie sich schlicht verrannt, und in ihrem eigenen Hass auf die „Rechten“ zu einem vollkommen untauglichen Mittel gegriffen. Dagegen war die Aktion vor der russischen Botschaft, obwohl genau so daneben, da man mit brennenden Gegenständen nicht auf Gebäude, in denen sich Menschen aufhalten, wirft, inhaltlich eher harmlos.

    Anne hat sich entschuldigt, o.k., so was macht man eben einfach nicht, damit ist die Sache dann generell juristisch auch durch. Strafrechtlich hat sie ohnehin nichts falsch gemacht. Da hat Fabio 100% recht. Politisch kann das jeder Bürger werten, wie er will. Man muss Anne ja nicht wählen. Und die Folgen ihres Handelns hat Anne ganz persönlich durchzustehen, und das ist bestimmt auch nicht leicht, entschuldigt es aber auch nicht. Anne ist erwachsen, und für ihr Handeln ganz allein verantwortlich. Mit 27 muss man fähig sein, Sachverhalte ausreichend zu Ende zu denken. Als in der politischen Öffentlichkeit stehend erst recht.

    Die Sache zeigt aber auch noch mal ganz deutlich, wie wichtig es ist, bei der Aufstellung von Kandidat*innenlisten genau hinzusehen, wen man wählt. Anne hat allerdings auch vor der Wahl ganz klar gesagt, wer sie ist, was sie tut, und wo sie politisch hin will. Die Wähler wussten also genau, wen sie auf Listenplatz 5 setzten.
    Insofern wäre ein Listenplatzverzicht erneut ihre persönliche Entscheidung. Wenn sie weiter kandidieren will, dann kann sie genau das tun. Diese Macht hat sie, denn die Aufstellungsversammlung der Piratenpartei hat sie ihr mehrheitlich verliehen, auf Zeit, bis zum Abend des 25. Mai 2014. Om wenig wahrscheinlichen Erfolgsfall sogar bis 2018. Am Ende entscheidet der Wähler. Wenn die Piratenpartei daran zu Grunde geht, ist das aber Organisationsversagen und damit ein Versagen der Strukturen. Wer sich so auf einzelne Personen regelrecht einschiesst, und Strukturen hat, die es erlauben, damit die Partei zu zerlegen, z.B. bei zentraler IT und Orgastreik, oder mit Hausmeistervorständen, die sich von einzelnen Parteimitgliedern vor sich hertreiben lassen, der hat jetzt schon verloren. Er gibt dieser einzelnen Person viel zu viel Macht. Und wenn das in der Piratenpartei möglich ist, ist das eben ein strukturelles Problem. Interessant daran ist, dass momentan Annes Gegner*innen ihr diese Macht verleihen, und die Partei damit zerlegen, und nicht ihre Parteifreund*innen. Denkt mal drüber nach! Organisiert euch in der Partei bessere und demokratischere Strukturen und mehr Gewaltenteilung, aber auch mehr Autarkie einzelner Strömungen, mehr Pluralität. Verschiedene Meinungen muss man aushalten, und ihnen adäquat Raum geben. Das ist Demokratie. Dann wird das auch noch was mit dem Projekt Piratenpartei.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.