Umstellung der Kriterien der Integra­ti­ons­för­derung

Kennt ihr das, wenn man das Gefühl hat, zu einer sehr kleinen Gruppe zu gehören? So geht es mir gerade ein bisschen. Ich vermute nämlich, die Zahl der Menschen, die eine vernünftige Über­sicht über die Berliner Integra­ti­ons­för­der­land­schaft – also welche Akteure gibt es, um welche Förder­mittel konkur­rueren die? – besitzen, ist nicht besonders groß. In den letzten Jahren habe ich mir dort jedoch gewisse Kompe­tenzen erarbeiten können, da ich mich als Integra­ti­ons­po­li­ti­scher Sprecher der Piraten­fraktion natur­ge­mäß mit der Materie beschäftigt habe. Insofern bin ich mir dessen bewusst, dass dieser Blogpost nur eine begrenzt große Zahl an Lesern erreicht. Aber man kanns ja mal probieren. 🙂 Ich mache einfach mal ein bisschen Einstiegs­er­klärung:

Seit Anfang der 1980er Jahre fördert der Berliner Senat über die Beauf­tragte für Migration und Integration Migran­ten­selbst­or­ga­ni­sa­tionen (MSO), um etwa Bildungs-, Beratungs- und Integra­ti­ons­pro­jekte für Migrant*innen anzubieten. Rund eine Millionen Euro jährlich sind dafür im Haushaltsplan der für Integration zustän­digen Senats­ver­waltung einge­stellt.
Von 2008 bis 2010 hat der damalige Senat dieses Förder­pro­gramm von einer externen Agentur evalu­ieren lassen. Der rot-schwarze Senat hat im Anschluss daran, einen sogenannten Quali­täts­dialog mit den Migran­ten­selbst­or­ga­ni­sa­tionen durch­ge­führt. (Hier der Abschluss­be­richt von März 2013)
Nun will der Senat das Förder­pro­gramm ab 2014 völlig neu ausrichten und hat die Mittel am 31. Mai 2013 neu ausge­schrieben. Es besteht die Gefahr, dass dadurch die gewachsene Landschaft an Migran­ten­or­ga­ni­sa­tionen umgekrempelt wird. Die Ausschreibung soll in zwei Stufen geschehen. Am 15. September läuft die Frist für die erste Phase der Ausschreibung ab. Hier der Ausschrei­bungstext. Seitdem ist folgendes passiert:

Am 06. Juni habe ich bereits im Integra­ti­ons­aus­schuss auf die Gefahren der Umsteuerung und die Wider­sprüche im Rahmen des Verfahrens hinge­wiesen.

Am 22. August haben die drei Opposi­ti­ons­frak­tionen mit zahlreichen Mingran­ten­or­ga­ni­sa­tionen eine öffent­liche Veran­staltung dazu durch­ge­führt.

Am 27. August haben sich zahlreiche Migran­ten­or­ga­ni­sa­tionen nach monate­langen Diskus­sionen dazu entschlossen, einen Offenen Brief an den Senat zu schreiben. Hier ist der Text. Unter­zeichnet ist der Brief von: VIA-Regio­nal­verband Berlin/Brandenburg e.V.; Club Dialog e.V.; Kontakt-und Beratungs­stelle für Flücht­linge und Migrant*innen KUB e.V.; Verein irani­scher Flücht­linge Berlin e.V.; Migra­ti­onsrat Berlin – Brandenburg e.V.; Kurdische Demokra­tische Gemeinde zu Berlin-Brandenburg e.V.; Türki­scher Bund in Berlin-Brandenburg e.V.; Polni­scher Sozialrat e.V.; Oromo – Horn von Afrika Zentrum e.V. Dazu gab es auch eine Presse­kon­ferenz.

Am 27. August haben die Oppsi­ti­ons­frak­tionen eine gemeinsame Presse­er­klärung dazu versandt. Hier ist der Text:

„Parti­zi­pation ermög­lichen –Trans­parenz bei der Förder­mit­tel­vergabe

Die parti­zi­pa­ti­ons­po­lit­schen Sprecher_innen der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, Linke und Piraten, Susanna Kahlefeld, Hakan Taş und Fabio Reinhardt, erklären zum Offenen Brief des Migra­ti­ons­rates Berlin-Brandenburg:

Wir unter­stützen die Forde­rungen des Migra­ti­ons­rates Berlin-Brandenburg nach einem klaren und fachlich angemes­senen Bewer­bungs­ver­fahren für die Migran­ten­selbst­or­ga­ni­sa­tionen (MSO) bei der Vergabe der Landes­för­der­mittel.

Die Job-Center, Bezirk­sämter, Schulen und Quartiere sind auf die Arbeit der MSO und ihre Kompe­tenzen angewiesen, um ihre Aufgaben in der Integra­tions-, Beratungs- und Sozial­arbeit leisten zu können. Der rot-schwarze Senat lässt die über 30 Projekte der MSO im Stich: Seine neu festge­legten Förder­kri­terien beruhen nicht auf einer Bestands­auf­nahme der Integra­ti­ons­arbeit. Mit den statt­dessen geltenden unklaren Kriterien wird der Willkür bei der Förder­mit­tel­vergabe Tür und Tor geöffnet, beste­hende Netzwerke werden ignoriert.

Wir fordern eine Betei­ligung der MSO – etwa aus dem Integra­ti­ons­beirat – an der Jury, die über die Vergabe der Mittel entscheidet. Die Förder­kri­terien müssen geklärt werden und die Förderung muss sich an den Bedürf­nissen der Zuwan­derer und Zuwan­de­rinnen orien­tieren, um ihnen schnellst­möglich Zugang zu Arbeit, Bildung und Gesund­heits­ver­sorgung sowie die gesell­schaft­liche Parti­zi­pation zu ermög­lichen.“

Ein Kommentar zu “Umstellung der Kriterien der Integra­ti­ons­för­derung

  1. Wieso immer INTEGRATION?

    Behauptet immer noch wer,dass Sonatorin Dilek Kolat wirklich Kompetenzen auf diesem Gebiet hat.
    Viel mehr bin ich fest davon überzeugt,dass der Verein Ihres Mannes , Türkische Gemeinde Deutschland e.V., welcher überhaupt keinen Zugang zur Türkischen Gemeinde hat, davon profitieren wird – allles SPD Seilschaften.

    Hinzu kommt,dass eben diese MSOs kontra gegen die INTEGRATIONSMASCHINERIE des Bundes sind.

    Folgendes:
    Die Mittel für die Sozialverbände wurden gekürzt – Jugend-,Familien-,Seniorenhilfe,usw.
    Nun sind diese Sozialverbände VOLLPROFIS,also machen sie es wie immer: NEUE KONZEPTE ENTWICKELN.
    In Zusammenarbeit mit dem Bund kam die Integrationsmaschinerie zum Laufen.
    Hiervon profitieren alle:
    Politik, weil sie sich mit Integrationspreisen bürsten.
    Die Sozialverbände/-einrichtungen,weil Geld wieder fließt.

    Die Verlierer?
    Richtig: Die Betroffenen oder besser: Opfer.

    Es ging nie um die Sache an sich.

    Kann gerne ein Vortrag darüber halten.

    Greets
    KorsarMuc

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