Nachdem bereits Martin Delius und Heiko Herberg angekündigt haben, für Positionen im Fraktionsvorstand zu kandidieren, auch von mir: Ich kandidiere am 20. Mai für das Amt des Fraktionsvorsitzenden.
In den vergangenen Monaten lag die Berliner Piratenpartei in den Umfragen konstant bei 4%, im Lichte der Europawahl aktuell bei 5%. Das ist mehr als im Bundesdurchschnitt. Aber es ist nicht genug, um 2016 sicher die Wiederwahl ins Abgeordnetenhaus zu schaffen.
Dazu braucht es die nächsten Jahre eine sichtbare und schlagkräftige Fraktion. Ich möchte als Fraktionsvorsitzender aktiv daran mitwirken, dass wir Piraten auch nach 2016 eine parlamentarische Vertretung im AGH haben, die unsere Themen und Ziele voran bringen kann.
Angesichts der vergleichsweise hohen Berliner Umfrageergebnisse scheinen die Piraten in Berlin gut aufgestellt zu sein, auch wenn wir arbeitstechnisch in den Umfragen jetzt schon wesentlich mehr verdient hätten. In trügerischer Sicherheit sollten wir uns aber nicht wiegen. Traditionell sind die Umfragewerte der Piraten in Berlin höher als im Rest der Republik, was zu einem großen Teil schlicht demographische Gründe hat. Auch andere eher links verortete Parteien wie Grüne oder Die Linke erreichen in Berlin hohe Ergebnisse. Die Mitglieder der Fraktion haben sich in den letzten Jahren intensiv in die verschiedensten Themen eingearbeitet, die Arbeit hat sich insgesamt spürbar professionalisiert. Dennoch hat dies bislang nicht dazu geführt, an das 2011er Wahlergebnis oder zwischenzeitliche Umfragehochs anzuknüpfen. Ein positiver Bundestrend, der uns sicher über die 5% heben könnte, ist nicht in Sicht. Allein mit kompetenter Fachpolitik werden wir 2016 nicht punkten können, so wichtig diese für den parlamentarischen Alltag auch ist.
Vernetzung und Kooperation
Einigen Ansprüchen sind wir bislang noch nicht ausreichend gerecht geworden. Die Einbindung der Berliner Piraten findet zu wenig statt. Das liegt natürlich zum Teil auch an einem gewissen Motivationsmangel, der sich in der Partei breit gemacht hat, aber auch als Fraktion sind wir in der Verantwortung, Beteiligungsangebote zu schaffen und vorhandene Möglichkeiten ernst zu nehmen. Die kürzlich beschlossene SMV sollten wir als Chance für mehr Mitgliederbeteiligung nutzen. Auf Seiten der Fraktion sollten wir daher aktiv daran mitwirken, gleich zu Beginn Initiativen und Themen einzubringen sowie Feedback in die Fraktionsarbeit einfließen zu lassen.
Auch die Vernetzung mit weiteren Initiativen und Interessensgruppen ist noch ausbaufähig. Als Fraktion einer Partei, die sich Bürgerbeteiligung auf die Segel geschrieben hat, sollten wir auch die Vernetzung mit außerparlamentarischen Gruppen vorantreiben. Nicht nur, um weitere Impulse für unsere politische Arbeit zu bekommen, sondern auch, um durch thematische Bündnisse gemeinsame Anliegen effektiver in die Öffentlichkeit bringen zu können. Derzeit kriegen große Teile der politischen Landschaft nicht intensiv genug mit, was für parlamentarische Initiativen es seitens der Piraten gibt. Daran sollten wir arbeiten. Mit dem Bündnis „5 vor 12“ gegen Alltagsrassismus und dem Bündnis „Wahlrecht für Alle“ habe ich bereits gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit gemacht.
Auch sonst haben wir noch mehr Potential bei der Darstellung unserer Aktivitäten, wenn wir es schaffen, mehr als nur Redmine-Oberfläche und regelmäßige Veröffentlichung von Pressemitteilungen zu bieten. Mit der bereits begonnenen Neustrukturierung der Öffentlichkeitsarbeit werden wir hier sicherlich auch mehr Möglichkeiten bekommen, Themen ansprechend aufzubereiten. Diese Entwicklung möchte ich aktiv unterstützen.
Priorisierung und Themenbündelung
„Warum sollte ich Piraten wählen?“ – diese Frage sollte 2016 einfach beantwortbar sein. Dafür brauchen wir eine pointierte Außendarstellung von Piratenpolitik. Dazu braucht es eine AGH-Fraktion, die sichtbar und zugespitzt inhaltlich liefert. Es muss aktiv nach außen kommuniziert werden, woran die Fraktion arbeitet und welche Schwerpunkte sie sich gibt. Ich verweise dazu auch auf die von Martin vorgelegte Zuspitzung „Informationsfreiheit, Mitbestimmung und Teilhabe aller in und an der Stadtgesellschaft“.
Bereits jetzt leisten alle Fraktionsmitglieder die Kommunikation ihrer Themen nach Außen, die Fraktionsvorsitzenden stehen dabei aber besonders im Fokus medialer Berichterstattung. Als Vorsitzender möchte ich gemeinsam abgestimmte Schwerpunkte aktiv nach Außen tragen. Durch meine Tätigkeit als Ausschussvorsitzender des ITDat habe ich inzwischen gute Erfahrung darin, bei inhaltlichen Fragen meine eigenen Überzeugungen zurück zu stellen und eine moderierende Position einzunehmen.
Die Fraktionsvorsitzenden sollten bestenfalls zu allen Themenbereichen grob sprechfähig sein. Dazu will ich beitragen, indem ich innerhalb der Fraktion andere bei ihren Projekten unterstütze, Schwerpunkte der Partei bearbeite und brennende Themen in der Stadt intensiv beobachte. Das fällt mir auch dadurch entsprechend leichter, dass ich über den Haupt- und den Bezirksausschuss schon in so gut allen inhaltlichen Bereichen „zu Gast bin“.
Machtoptionen 2016
Wie geht es 2016 nach einem Wiedereinzug weiter? Erneut 5 Jahre Oppositionsarbeit? Eine Kooperation mit anderen Fraktionen? Um als ernstzunehmender Machtfaktor anerkannt zu werden und damit letztlich auch die Themen und Ziele, wegen der wir alle in die Partei eingetreten sind, umzusetzen, sollten wir uns auch die Option einer Koalition oder einer Duldung offen halten, beispielsweise mit Grünen und Linken.
Ich habe im laufe der Jahre vertrauensvolle Kontakte zu Vertreter*innen der anderen Parteien und Fraktionen aufbauen können und sehe hier viele Anknüpfungspunkte für eine inhaltliche Zusammenarbeit, aus der auch mehr werden kann.
Fazit: Bündeln, vernetzen, überzeugen
Die Legislaturperiode ist nun zur Hälfte vorbei. Wir haben uns als Fraktion stark weiterentwickelt, sind professioneller und ruhiger geworden. Mit den Abgeordnetenbüros haben wir nun weitere Infrastruktur bekommen, um uns in der Öffentlichkeit zu präsentieren und in direkteren Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern zu treten. Als Fraktion sollten wir nun daran arbeiten, unsere Arbeitsschwerpunkte in den Vordergrund zu rücken und die Vernetzung sowohl mit der Parteibasis als auch mit den anderen Fraktionen voranzutreiben. 2011 war unser Wahlergebnis stark geprägt von einer Hoffnung auf Veränderung in der politischen Landschaft. 2016 sollen die Berliner Wähler*innen erneut aus Überzeugung Piraten wählen.
Hallo Fabio,
wie angekündigt, möchte ich dir und den anderen Kandidierenden zum Fraktionsvorstand eine Frage stellen, auch wen ich nicht Mitglieder AGH-Fraktion bin und keinen Einfluss auf eure Wahl habe. Aber es würde zumindest mir (und vielleicht auch den anderen Landesvorstandsmitgliedern) helfen, die richtigen Erwartungen an eure Amtszeit zu setzen.
Bisher gibt es in meinen Augen höchstens sehr partiell eine Zusammenarbeit zwischen Landesvorstand und AGH-Fraktion.
1. Hältst du es für sinnvoll, die Zusammenarbeit auszubauen?
1.1. Wenn ja, auf welchen Ebenen / bei welchen Themen könntest du dir eine Zusammenarbeit vorstellen?
1.2. Wenn nein, warum nicht?
2. Was hältst du davon, wenn Teile des Landesvorstandes zu euren Fraktionssitzungen anwesend sind und Rederecht erhalten?
3. Was hältst du davon, wenn Teile der AGH-Fraktion bei den Sitzungen des Landesvorstandes anwesend sind und über ihre Arbeit berichten / (politische) Anträge an den Landesvorstand kommentieren?
Vielen Dank schon mal für deine Antworten und viel Erfolg für deine Kandidatur.
Hallo Marcel,
danke für die Glückwünsche und die guten Fragen. Ich fände es grundsätzlich durchaus angemessen, den Landesverband noch intensiver in die Wahlen der Fraktion einzubinden, sehe dazu aber momentan wenig Möglichkeiten. Insofern bleibt mir nur, deine Fragen zu beantworten und meinen eigenen Vernetzungsanteil zu leisten.
1. Hältst du es für sinnvoll, die Zusammenarbeit auszubauen?
Ja, definitiv.
1.1. Wenn ja, auf welchen Ebenen / bei welchen Themen könntest du dir eine Zusammenarbeit vorstellen?
Vorstellen kann ich mir vieles. Mehr Vernetzungstreffen, mehr Squads, intensivere Betreuung von Interessierten durch Abgeordnete, anders gestaltete Fraktionsklausuren uvm. Gerade bei der Zusammenarbeit Fraktion/LV ist eigentlich die gesamte Fraktion gefordert. Als Fraktionsvorsitzende könnte ich zwei Dinge tun: In die Fraktion Impulse und Ideen geben, was noch verbessert werden können. Und bestimmte Dinge wie andere Formen der Fraktionsklausur oder Vernetzungstreffen selbst anstoßen.
2. Was hältst du davon, wenn Teile des Landesvorstandes zu euren Fraktionssitzungen anwesend sind und Rederecht erhalten?
Da spricht nichts gegen. Es ist ja auch jetzt schon so, dass Mitglieder des Landesvorstands in der Fraktionssitzung anwesend sein und das Wort ergreifen können, genau so wie jede(r) andere. Warum es überhaupt so selten jemand macht, wäre da vielleicht die richtige Frage. Und wir könnten mal klären, dass sich die Mitglieder des LaVo automatisch wenn Plätze frei sind, nach vorne zu uns setzen können, statt nur hinten zu sitzen. Das ist zwar nur symbolisch, geht aber sicher in die richtige Richtung.
3. Was hältst du davon, wenn Teile der AGH-Fraktion bei den Sitzungen des Landesvorstandes anwesend sind und über ihre Arbeit berichten / (politische) Anträge an den Landesvorstand kommentieren?
Grundsätzlich finde ich es sinnvoll, wenn unser Fraktionsvorstand den Kontakt zu Teilen des Landesvorstands hat und auch bei Landesvorstandssitzungen anwesend ist. Allerdings weiß ich aus eigener Erfahrung, dass dort auch viel besprochen wird, was in einer Fraktion im Hintergrund erledigt oder zB durch die Geschäftsführung übernommen wird. Da stellt sich dann die Frage, ob man das nicht auch im Protokoll nachlesen kann. Auch bei Berichten aus der Fraktion stellt sich die Frage, welcher Bereich berichtet werden soll. Ich könnte damit jedes Mal 30 Minuten füllen. Die Frage wäre natürlich, wie sinnvoll das ist und wie spannend, zumal für Menschen, die noch eine Riesen-TO vor sich haben. Vielleicht wären Einladungen zu speziellen Sitzungen oder TOPs oder gemeinsame spezielle Veranstaltungen da sinnvoller.
Ich hoffe, ich konnte einige der Fragen zufriedenstellend beantworten.
Gruß, Fabio