Marzahn: Jahres­end­feier mit Tannenbaum-Illumi­nation vor geplanter Flücht­lings­un­ter­kunft

Seit der Bekanntgabe der Marzahner Schö­na­gel­straße als Standort für eines der sechs zu errich­tenden Contai­ner­un­ter­lager für 400 Flücht­linge am 20.10. tobt dort ein Kampf um Deutungs­hoheit und Präsenz vor Ort. Die Piraten-Position zu dieser Form der Unter­bringung habe ich ja schon deutlich ausge­drückt. Das kann aber keine Recht­fer­tigung für die Form von rassis­ti­scher Mobili­sierung sein, die seitdem in Marzahn, Buch und im Köpe­nicker Allende-Viertel statt­findet. Rechte Gruppen, wie NPD-Kader machen mobil und nutzen das Vakuum bis zur Eröffnung, um an diffuse Ängste zu appel­lieren und zu versuchen, sich den Deckmantel „besorgter Anwohner*innen“ über zu stülpen. Sogar gefälschte Briefe, die angeblich von der Senats­ver­waltung stammen, werden von rechten Gruppie­rungen verteilt. Bis zu 1000 Menschen konnten die Rechten in den regel­mäßigen, meist Montags statt­fin­denden Protesten mobili­sieren. Immerhin konnten links-bürger­liche Gegen­pro­teste bis zu 2500 Menschen (so am 22.11.) auf die Straße mobili­sieren. Dennoch sind und waren sie dabei stets in der Defensive. Dem wollten Anwohner*innen nun ein Zeichen entgegen setzen. Auch wenn die Unter­kunft erst im Frühjahr bezogen werden soll (das erste Contai­ner­lager soll noch 12/14 eröffnet werden), sollte hier und heute schon deutlich gemacht werden, dass Flücht­linge in ganz Berlin willkommen sind, und natürlich auch in Marzahn!

Illumination

Eine bunte Gruppe von Anwohner*innen und Partei­ver­treter*innen hatten einen Weihnachtsbaum mit Lichter­kette vorbe­reitet. Die Aktions­kam­pagne ging zurück auf die Initia­toren des Projekts „Hallo Mensch“, durch­ge­führt im Rahmen der Kampagne „Wünsche von Nachbarn“. So wurden am Baum Botschaften angebracht, die den 2015 ankom­menden Neu-Berliner*innen entge­gen­ge­bracht werden sollten.

Grüße an und Wünsche für die Menschen, die im Frühjahr nach Marzahn kommen werden

Außerdem wurden einige Reden gehalten. Eine Rede, die auf die Initiative eines Anwohners zurück ging dokumen­tiere ich hier im Original:

Hier nun ein paar Worte eines anonymen Anwohners nennen wir ihn Otto Müller. Ja, einen Bürger wie du und ich und ja, er ist besorgt, doch will Otto als „be­sorgter Bürger“ nicht als Rassist oder gar Nazi darge­stellt werden. Was leider passiert. In den Medien wird immer von Nazis und „be­sorgten Bürgern / Anwoh­ne­rIn­nen“ in Zusam­menhang mit rechten Demos, wie hier in Marzahn oder in leider vielen Orten Deutsch­lands gesprochen. Klar ist Otto besorgt, aber noch nicht wegen Flücht­lingen, die haben ihn nichts getan bis jetzt kennt er sie noch nicht einmal. Otto hat viele Sorgen. Eine der größten ist z.Z der braune Mob, der durch die Straßen zieht. Sicher sind für Otto auch die Folgen davon unangenehm. Klar, muss was dagegen getan werden, aber muss es denn immer gleich ein anderer schwarz­ge­klei­deter agres­siver Mob sein. Nicht, dass wir uns jetzt falsch verstehen. Otto sind die Antifas viel lieber als die Nazis und Mitläufer, die seit nun mehr 6 Wochen seinen Kiez hier in Marzahn unsicher machen. Und Otto findet es ein Unding, dass die Presse da immer von „be­sorgten Bürgern / Anwoh­ne­rIn­nen“ spricht. Es sind Nazi Kader und ja sicher auch unwis­sende Mitläufer, aber das ist doch bitte kein Grund die gesamte Anwoh­ner­schaft des Bezirkes in die rechte Ecke zustellen.

In Marzahn wohnen Groß­teils durchaus liebens­werte hart arbei­tende Bürger. Hier wohnen Berliner!!! Auch immer mehr Leute, die sich die Mieten in der Innen­stadt nicht mehr leisten können oder wollen. So gesehen sind hier selber viele Wirtschafts­flücht­linge. Die aus den hippen Bezirken der Innen­stadt vertrieben wurden und genau diese Innen­stadt­be­wohner schauen jetzt auf Marzahn, sprechen von „Get­to“ und bezeichnen die „be­sorgten Bürgern / Anwoh­ne­rIn­nen“ pauschal als Rassisten.

Das können und wollen die Bürge­rInnen von Marzahn so nicht auf sich sitzen lassen. Klar sind wir besorgt. Vor einigen Tagen ist in Deutschland wieder ein zukünf­tiges Flücht­lingsheim von Nazis in Brand gesteckt worden. Da wird einem Angst und Bange. So eine rassis­tische Progrom­stimmung wie Anfang der 90 er Jahre will niemand mehr noch ein mal mit erleben.

Und klar findet Otto es auch nicht gut das Flücht­linge in Container unter­ge­bracht werden!!! Das sind Menschen!!! Menschen, die viele unter größter Not zu uns geflüchtet sind!!! Auch Heime sind keine gute Lösung. Aber es sind doch nicht die Flücht­linge, die entschieden haben, hier ein Heim zu bauen. Klar ist die Infor­ma­ti­ons­po­litik des Senates und des Bezirks mangelhaft. Also kann Otto zum Teil die Sorgen der „be­sorgten Anwoh­ne­rIn­nen“ verstehen. „Nein zum Heim“ aber Otto setzt ein klares Ja zu Flücht­lingen dahinter und das gleich viel lauter.

Und schauen wir uns doch diese Mitläu­fe­rInnen mal genauer an, ob hier in Marzahn in Dresden oder anders wo. Was haben die eigentlich für ein Problem mit Flücht­lingen, Islamisten oder auch allgemein mit Ausländern. Eigentlich keine, es sind nur einige wenige gerissene Nazis und Rechts­po­pu­listen, die ihnen einreden, ihnen geht es so schlecht wegen der Flücht­linge, Islamisten oder Ausländer, aber wenn man die Sachen genau anschaut, hat das eine mit dem anderen nicht das geringste zu tun.

Klar ist Otto besorgt über die Umver­teilung von unten nach oben. Seit Jahren werden einige wenige immer reicher und die Armen immer ärmer und mehr. Die Einkommen aus Vermögen werden so gut wie gar nicht mehr besteuert und selbst um diesen kleinen Teil drücken sich viel Reiche durch Steuer­flucht und viele andere gemeine Tricks. Klar muß auch mehr in die Bildung inves­tiert werden! Klar müssen Bürge­rInnen von ihrer Arbeit gut Leben können und nicht nur so über­leben! Alter­s­armut, Umwelt­ver­schmutzung, und viele weitere Problem unserer Gesell­schaft machen Otto und vielen anderen Bürge­rInnen zu „be­sorgten Bürgern“. Aber was haben die Flücht­linge damit zu tun?

Nichts!!!

Also liebe Anwoh­ne­rInnen und Anwohner seit besorgt! Aber lasst aus Euch keine Rassisten machen von einigen Nazis, die eure Probleme mit der Politik, der Gesell­schaft und letztlich unserem Wirtschafts­system perfide ausnutzen für ihre Rassis­tische Hetze. Redet über eure Probleme und Ängste mit den Vertretern der Politik. Dafür sind die da!

Zurück zu Otto… er hat sich hier in Marzahn immer sehr wohl gefühlt und will, dass es auch so bleibt.

Freunde, Bürger, Anwoh­ne­rinnen und selbst ihr Mitläufer, lasst uns hier und jetzt ein starkes Zeichen der Toleranz, Solida­rität und Mensch­lichkeit setzen.. Egal, ob man nun christlich ist oder nicht, lasst uns diesen WunschWeih­nachtsbaum als Symbol nutzen. Als Symbol dafür, dass wir gemeinsam etwas erreichen können und zwar hier alle friedlich und glücklich zusam­men­zu­leben und unseren Bezirk unsere Stadt und unser Land zu verbessern.

Im Namen von Otto Müller und allen Unter­stützern erkläre ich, den Wunschweih­nachtsbaum für Toleranz und Solida­rität für eröffnet und lade alle ein, ihre positiven Wünsche an ihn zu hängen oder mit ihm zu verbinden.

Frohe Weihnachten und guten Rutsch ins neue Jahr!

MdA Fabio Reinhardt, Bezirks­bür­ger­meister Stefan Komoß und Bezirks­ver­ord­neter Steffen Ostehr vor dem illumi­nierten Weihnachtsbaum

Ich hoffe, dass auf diese noch viele weitere positive Aktionen folgen, damit die Anwohner*innen in Marzahn und auch an den anderen Stand­orten den Rechten die Offensive abnehmen und gemeinsam erfolg­reich klarmachen „Refugees are welcome here!“

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