Die Haushaltsverhandlungen zum Doppelhaushalt 2014/2015 gehen in die Zielgerade. Nach den Diskussionen und Abstimmungen in den Fachausschüssen kommen nun die entscheidenden Abstimmungen im Hauptausschuss, dessen Entscheidungen maßgeblich für die 2. Lesung des Haushalts im Dezember im Plenum sind. Heute standen die Einzelpläne der Bereiche Justiz und Verbraucherschutz sowie Gesundheit und Soziales auf der Tagesordnung. Wir wollen hier anhand unserer Vorschläge im Bereich Gesundheit und Soziales exemplarisch aufzeigen, wie der Ablauf der Beratungen ist und welche Schwerpunkte wir dabei legen.
Zum Ablauf:
- Die Abgeordneten Simon Kowalewski und Alexander Spies als Fachabgeordnete der Bereiche Gesundheit und Soziales haben Vorschläge für Änderungen am vom Senat vorgelegten Einzelplan 11 ausgearbeitet. Ich habe mich als Sprecher für Flüchtlingspolitik um die Bereiche Unterkünfte für Flüchtlinge sowie den Personalbedarf im Landesamt für Gesundheit und Soziales konzentriert und dazu Anträge erstellt.
- Im Fachausschuss hatten wir dazu eine 1. und eine 2. Lesung. In der 2. Haushaltslesung am 19. August 2013 (hier das Inhaltsprotokoll) haben wir zu dritt die Anträge im Fachausschuss jeder für seinen Bereich vorgestellt. Über diese und die Anträge der anderen Fraktionen wurde dann auch im Ausschuss abgestimmt.
- In der Folge haben wir unsere eigenen Anträge auf Grundlage der uns vorliegenden Berichte und Anträge sowie des Verlaufs der Lesungen erneut evaluiert und verändert. Am 29.10.2013 hat unsere Fraktionsversammlung unsere Vorschläge noch einmal besprochen und beschlossen. Der Beschluss für den Gesamt-Budget-Rahmen und die Festlegung, wie die Gegenfinanzierung erfolgen soll, war ja bereits am 14. Oktober 2013 erfolgt.
- Im Hauptausschuss bin ich für den Bereich Gesundheit und Soziales zuständig und vertrete unsere Anträge. Die Übersicht, wie die Themen im Hauptausschuss aufgeteilt sind, findet sich hier.
Der Vollständigkeit halber führen wir im Folgenden neben den Änderungsanträgen der Piratenfraktion die Anträge der anderen Fraktionen zum Einzelplan 11 auf:
Leider lagen heute noch keine Anträge der Koalitionsfraktionen vor. Daher konnte noch nicht über die Anträge abgestimmt werden und die Debatte beschränkte sich auf die vorliegenden Berichte des Senats.
Hier unsere Forderungen im Detail:
Drogenchecking und Prävention
S. 36: Im Kapitel 1110, Titel 54010 Nr. 1 fordern wir Drogenkontrolluntersuchungen und andere Dienstleistungen im Bereich der Drogen- und Suchthilfe. Der Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses (Drucksache 16/4051), ein Modellprojekt „Drugchecking und Prävention“ durchzuführen, soll umgesetzt werden. Dazu rechnen wir mit € 300.000 im Jahr 2014 und € 150.000 im Jahr 2015, in dem auch die Evaluation durchgeführt werden soll. Dieser Antrag deckt sich nicht nur mit unserem eigenen Wahlprogramm, sondern auch mit dem Koalitionsvertrag auf S. 86.
Drogenkontrolluntersuchungen geben Drogengebraucher_innen speziell im Partysetting die Möglichkeit, überprüfen zu lassen, ob ihre momentan noch illegal erworbenen Drogen die von ihnen gewünschten Wirkstoffe und Konzentration enthalten und fördern die Gesundheit der Konsument_innen, da das Risiko unerwünschter Wirkungen oder Überdosierungen minimiert werden kann und Drogengebraucher_innen mit problematischen Konsummustern angesprochen und zu existierenden Hilfsangeboten vermittelt werden können. Mit Drugchecking-Angeboten wurden in Kommunen wie Wien oder Zürich sehr positive Wirkungen bei Schadensminimierung und Prävention erzielt.
Berliner Kampagne – trägerübergreifendes Beratungs- und Testangebot zu HIV/Aids, Syphilis und Hepatitis-C-Viren.
S. 40 ff.: Im Kapitel 1110 Titel 68406 Nr. 7 fordern wir die Fortführung der Berliner Kampagne für ein trägerübergreifendes Beratungs- und Testangebot zu HIV/Aids, Syphilis und Hepatitis-C-Viren. Dafür berechnen wir € 267.000 pro Jahr. Das bislang als Pilotprojekt aus Lotteriemitteln geförderte Projekt hat sich, auch nach Aussage der Senatsverwaltung, als sehr taugliches Instrument erwiesen, um durch frühe Erkennung und Beratung von Menschen, die mit diesen sexuell übertragbaren Krankheiten infiziert wurden, einerseits die Chancen zu erhöhen, die Krankheiten bei den Betroffenen einzudämmen und ihre Lebensqualität zu steigern, andererseits das Risiko der Weiterverbreitung zu minimieren. Dadurch spart die Schnelltestkampagne außerdem ein Vielfaches ihrer Kosten ein.
Netzwerks Palliative Geriatrie Berlin
S. 97 ff.: Im Kapitel 1150 Titel 54010 Nr. 7 fordern wir für das Haushaltsjahr 2015 € 35.000 mehr für die Fortführung des Netzwerks Palliative Geriatrie Berlin über das Jahr 2014 hinaus, da es zum aktuellen Zeitpunkt nicht eingestellt werden sollte.
Einrichtung einer unabhängigen Beratungsstelle zur Unterstützung von wohnungssuchenden Flüchtlingen.
S. 104 f.: Im Kapitel 1110 Titel 68406 II. Nr. 6 fordern wir Mittel für die Einrichtung einer unabhängigen Beratungsstelle zur Unterstützung von wohnungssuchenden Flüchtlingen. Das würde ca. € 100.000 pro Jahr kosten. Diese Maßnahme würde endlich mehr Flüchtlinge zu eigenen Wohnungen zu verhelfen und ist eine Forderung, die schon länger von uns und NGOs wie dem Berliner Flüchtlingsrat erhoben wird. Dieser Vorschlag, der in Anlehnung an das Modellprojekt „WOHNEN“ beim Beratungsfachdienst für MigrantInnen (BFM) vom Diakonischen Werk in Potsdam e. V. gestellt wird, ist die finanzielle Unterlegung einer Forderung in unserem Antrag „Wohnungen statt Sammellager für Flüchtlinge: Position von Flüchtlingen auf dem Wohnungsmarkt stärken“.
Finanzierung der Pflegerechtsberatung durch die Verbraucherzentrale Berlin e.V.
S. 104: Im Kapitel 1150 Titel 68406 I. Nr. 1 – Zuschüsse an soziale und ähnlich Einrichtungen fordern wir in den nächsten beiden Jahren jeweils € 70.000 mehr für die Finanzierung der Pflegerechtsberatung durch die Verbraucherzentrale Berlin e. V. aus dem Integrierten Sozialprogramm (ISP). Die Pflegerechtsberatung in Verbindung mit den Pflegestationen wurde bisher durch Bundesmittel finanziert, die 2014 nicht mehr zur Verfügung stehen. Durch die Neufassung des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) durch den Bund hat sich die Rechtslage für ältere und pflegebedürftige Menschen in Wohngemeinschaften oder Einrichtungen des betreuten Wohnens wesentlich verändert. Deshalb ist es wichtig, diese Pflegerechtsberatung dauerhaft anzubieten.
Bildung und Förderung von Stadtteilzentren
S. 106 ff.: Im Kapitel 1150 Titel 68455 fordern wir € 400.000 an Zuschüssen zur Bildung und Förderung von Stadtteilzentren. Dies ist ein besonders wichtiger Bereich, da die Stadtteilzentren sehr wichtige Rollen einnehmen in der Berliner Stadtentwicklungspolitik. Aufgrund der späten Einigung über den EU-Haushalt gibt es die Gefahr einer Finanzierungslücke aus EU-Mitteln für Berlin. Als Ausgleich für die wegfallenden 1,2 Mio. Euro EFRE-Mittel sind bisher nur 200.000 Euro vorgesehen. Um die Stadtteilzentren im bisherigen Umfang zu erhalten, sind ca. 50 Prozent der bisherigen EFRE-Mittel nötig, also mindestens 600.000 Euro nötig. Dabei gehen wir davon aus, dass mindestens die Hälfte der EU-Mittel für Einmal-Aufwendungen oder Anschubfinanzierungen verausgabt wurde. Deshalb ist für die Bestandssicherung eine entsprechende Aufstockung der Mittel erforderlich.
Sonderfahrdienst
S. 156 Im Kapitel 1164 Titel 54010 fordern wir € 300.000 zusätzlich pro Jahr für den Sonderfahrdienst. Diese Gelder sollen der Sicherung der Sonderfahrdienstes in bisherigem Umfang bei steigenden Kosten dienen. Es soll sichergestellt werden, dass der Sonderfahrdienst ohne Einschränkungen allen Menschen, die darauf angewiesen sind, auch in Zukunft zur Verfügung steht. Darüberhinaus soll der Leistungsumfang und die Qualität verbessert werden, was auch zu einer höheren Nutzung führen wird. Damit ist absehbar, das der bisherige Haushaltsansatz zu niedrig ist.